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Donnerstag, Mai 15, 2025
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IHK-Umfrage: Unternehmen sehen Verpackungssteuer kritisch

IHK-Umfrage: Unternehmen sehen Verpackungssteuer kritischIHK-Umfrage: Unternehmen sehen Verpackungssteuer kritisch

Susanne Herre: „Wer Bürokratie abbauen will, darf über ein solches Vorhaben nicht einmal nachdenken“

Fast jedes zweite Unternehmen in der Region Stuttgart sieht die Einführung einer Verpackungssteuer kritisch. Die Unternehmen befürchten erhebliche finanzielle und bürokratische Belastungen. Weniger als die Hälfte erwartet, dass die Steuer dazu beitragen könnte, den Müll im öffentlichen Raum zu reduzieren. Das ist das Ergebnis einer aktuellen IHK-Umfrage zu einer am Vorbild Tübingens orientierten Verpackungssteuer, an der zwischen den 18. und 28. Februar 2025 rund 370 Betriebe teilgenommen haben – etwa die Hälfte der Befragten wäre nicht direkt durch die Besteuerung betroffen.

„Verpackungsmengen erfassen, Steuerbeträge berechnen, Nachweise führen, Prüf- und Meldepflichten erfüllen, Beschäftigte schulen – all das steht im klaren Widerspruch zu den Bekenntnissen zum Bürokratieabbau“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre. Wer ernsthaft Bürokratie abbauen wolle, dürfe ein solches Vorhaben nicht in Betracht ziehen. Besonders kritisch sieht die IHK die rein kommunale Regelungskompetenz: „Anders als bei anderen Steuern können nicht nur die Steuerhöhe, sondern auch die betroffenen Verpackungen von Gemeinde zu Gemeinde variieren“, erklärt Herre. So könnte im schlechtesten Fall in den 179 Kommunen der Region Stuttgart unterchiedlich entschieden werden, ob Pappbecher, Strohhalme, Tüten, Pommes-Schalen – mit oder ohne Gabel – steuerpflichtig sind. „Ein solches Flickwerk würde vor allem Filialbetriebe mit mehreren Standorten vor große Herausforderungen stellen.“

Obwohl die IHK generell gegen jede Form der kommunalen Zusatzsteuern sei, habe sie Mitgliedsbetriebe zu einer möglichen Verpackungssteuer befragt. „Die Ergebnisse geben keinen Anlass zur Entwarnung“, so Herre.

Ergebnisse der Umfrage: Sorge vor zusätzlicher Bürokratie

Laut der Umfrage lehnen 77 Prozent der Betriebe die Verpackungssteuer ab, weil sie befürchten, durch neue Dokumentationspflichten belastet zu werden. Einen hohen Schulungsaufwand zu den jeweiligen Regelungen erwarten fast 57 Prozent. Mehr als die Hälfte der Befragten geht von steigenden Kosten sowie knapp 43 Prozent von Umsatzrückgängen aus. In den Kommentaren bringt unter anderem der Besitzer einer kleinen To-Go-Eisdiele seine Sorge zum Ausdruck, dass die Zusatzsteuer nachher fast so viel koste wie das Produkt – und die Kunden diesen Preisanstieg nicht mehr mittragen würden.

Kein Nebeneinander von Bundesgesetzen und kommunalen Vorgaben

Auf die Frage, was wichtig sei, um die Akzeptanz der Steuer bei Unternehmen und Konsumenten zu erhöhen, sagen 54 Prozent aller Befragten, es müsse nachweislich weniger Abfall und sauberere Innenstädte geben. Ebenfalls wichtig sei eine unbürokratische Umsetzung (etwas über 50 Prozent der betroffenen Betriebe) sowie eine verhältnismäßige Ausgestaltung beziehungsweise keine übermäßige Verteuerung (47 Prozent Betroffene und 50 Prozent nicht Betroffene). Klar ist auch: Es darf kein Nebeneinander von Bundesgesetzen wie dem Einwegkunstofffondsgesetz und kommunalen Vorgaben geben. Das sagen 42 Prozent der betroffenen und sogar noch 45 Prozent der nicht betroffenen Betriebe.

Betriebe wollen Kosten auf Kunden umlegen

Mehr als 70 Prozent der Befragten sagen: Falls die Steuer kommt, legen sie die Kosten ganz oder teilweise auf die Kunden um. Mehrfach verwendbare oder andere Verpackungen sehen viele Unternehmen nicht als Alternative, weil die Kunden dies nicht wollten (79 Prozent) – oder der Verkauf sich dann nicht mehr lohne (55 Prozent). Fast 25 Prozent planen bei Einführung der Steuer eine Einschränkung des Angebots oder sogar mit dem Take-away ganz aufzuhören. Weitere knapp 30 Prozent denken zumindest darüber nach.

Entsprechend erwarten 28 Prozent aller Befragten, dass die Steuer das Pausenangebot in den Innenstädten für Pendler, Schüler und Azubis reduzieren würde. Das sei entgegen der Behauptung der Kommunen nicht verursachergerecht, sondern belaste diejenigen mit kleinem Geldbeutel und Arbeitsplatz ohne Kantine.

Zweifel an der Wirksamkeit der Steuer

Viele Betriebe sind skeptisch, ob die Verpackungssteuer das Ziel erreicht, weniger Müll zu produzieren. Selbst von denen, die nicht direkt betroffen sind, glaubt nur etwas mehr als die Hälfte daran – zumal die Satzungen keine Zweckbindung für Abfallentsorgung vorsehen. Finanziell könnte es zumindest für die Kommunen ein Plus bringen: Fast 40 Prozent der Befragten rechnen mit höheren Nettoeinnahmen – trotz der zusätzlichen Kosten. „Allerdings hat hier keiner die volkwirtschaftliche Brille aufgesetzt, denn die Bürokratiekosten für die Unternehmen werden nicht einkalkuliert“, sagt Herre.

Das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) ist seit dem 1. Januar 2025 in Kraft und sieht eine Finanzierungsverpflichtung für Hersteller und Inverkehrbringer von Einwegkunststoffen vor. Diese Regelung verlangt, dass Unternehmen, die Einwegkunststoffprodukte wie Verpackungen in Verkehr bringen, in einen Fonds einzahlen. Die eingenommenen Mittel werden unter anderem den Kommunen zugutekommen, die diese Gelder für Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -entsorgung verwenden können.

Neben diesem gilt nach wie vor das deutsche Verpackungsgesetz, dass ergänzend auch für die Inverkehrbringer von sogenannten Serviceverpackungen und Verbrauchsverpackungen eine kostenpflichtige Lizensierung bei einem Dualen System fordert.